Forschung
Forschungsprojekte Oberflächentechnik

Schnelle Bestimmung der Korrosivität von Kunststoffschmelzen durch elektrochemische Messungen

Förderinstitution: IGF Vorhaben
Förderkennzeichen IGF 18131 N (01.04.2014-31.12.2016)


Kurzdarstellung
In diesem Vorhaben wurde eine neue elektrochemische (EC) Messmethode zur Ermittlung der Korrosivität von Kunststoffschmelzen bzw. zur Bestimmung der Korrosionsbeständigkeit von Stählen ausführlich hinsichtlich ihrer Signifikanz getestet. Dazu wurde ein entsprechendes Messwerkzeug entwickelt und gefertigt. Zur Validierung der mittels EC erhaltenen Befunde diente der in der Kunststofftechnologie etablierte DKI-Plättchentest*.

Die wesentlichen Testszenarien bestanden zum einen in unterschiedlichsten sowohl halogenfrei als auch halogenhaltig flammgeschützten Polyamid/Glasfaserformulierungen. Einbezogen war weiterhin ein Polyamid-66/Glasfasercompound ohne Flammschutz. Hierbei ging es darum, die Korrosivität von Formulierungen zu vergleichen bzw. zu ermitteln. Der erforderliche Materialbedarf für einen Versuch pro Compound sollte im Bereich von 1 kg liegen. Dieses Ziel wurde mit einem aktuellen Materialbedarf von 0.9 – 1.3 kg erreicht.

Außerdem wurde die Korrosionsbeständigkeit von in der Kunststoffverarbeitung typischen Werkzeugstählen anhand halogenfrei flammgeschützter Polyamidformulierungen mit und ohne Glasfaser untersucht. In den Testszenarien ergab sich eine sehr gute Korrelation zwischen der mit der EC-Methode erhaltenen Messgröße und der Abtragsrate im etablierten Plättchentest. Somit eignet sich die EC-Methode zur schnellen Bestimmung der Korrosivität von Kunststoffschmelzen bzw. zur Prüfung der Korrosionsbeständigkeit von Stählen.

Parallel zu dem vergleichenden Test der neuen Messmethode bestand das Ziel darin, Erkenntnisse zu den schadensursächlichen Mechanismen in Kunststoffschmelzen an unterschiedlichen Stahltypen zu erlangen. Vorrangiges Thema hierbei war der Einfluss von Abrasionsprozessen auf die Korrosivität von Kunststoffschmelzen. Betrachtet wurde ein vergüteter (also verhältnismäßig geringe Härte aufweisender) Stahl vom Typ 1.8550 sowie zwei gehärtete Chromstähle mit deutlich unterschiedlichem Chromgehalt (1.2379 und 1.4122). Bei den Kunststoffen handelte es sich um halogenfrei flammgeschützte Polyamidformulierungen mit und ohne Glasfaser sowie eine bromhaltig flammgeschützte Polyamid/Glasfaserformulierung. Durch die Glasfaser kommt es potenziell zu abrasivem Verschleiß.

Die Untersuchungen lassen darauf schließen, dass bei den flammgeschützten Compounds der Verschleiß durch Korrosion initiiert wird. Zusätzliche abrasive Angriffe (hier durch Glasfasern) wirken vor allem bei den halogenfrei flammgeschützten Schmelzen mit zunehmender Scherrate verschleißerhöhend. Sie wirken jedoch allenfalls untergeordnet (bei dem ungehärteten Stahl) schadensursächlich. Eine hohe Scherrate bedeutet gleichzeitig einen intensiven Materialabtrag an der Stahloberfläche durch die Schmelze. Dieser Beitrag ist bei den halogenfrei flammgeschützten Schmelzen für den Verschleiß erheblich. Dieser Befund ergibt sich daraus, dass auch bei der glasfaserfreien Schmelze (keine Abrasion) der Verschleiß erheblich mit der Scherrate zunimmt.

Bei dem bromhaltig flammgeschützten Compound ist für die korrosive Wirkung vor allem die Verweilzeit eines Schmelze-Volumenelements auf der Stahloberfläche entscheidend: Die Korrosivität nimmt mit abnehmender Scherrate (zunehmende Kontaktzeit) zu und ist maximal in ruhender Schmelze.

Die neue Messmethodik ermöglicht es, den zumeist kleinen und mittelständischen Kunststoffverarbeitern und Compoundeuren die Korrosivität von Formmassen unter den erforderlichen Verarbeitungsbedingungen (Scherraten, Temperaturen, Verweilzeiten) effizient untersuchen zu können. Somit können kritische Formulierungen im Vorfeld identifiziert werden, bevor diese in einer Produktionslinie hohen wirtschaftlichen Schaden verursachen.

*B. Steinhoff in Abschlussbericht des Verbundprojekts (BMBF) „Kratzfeste Polymere durch ein neues Verfahren zur Herstellung von Nanocompounds – NaNoScratch“, K. Lehmann (EVONIK) (Ed.) 2011