Kühlung Brennstoffzelle II – Bewertung der Materialverträglichkeit und Medienalterung in Brennstoffzellen-Kühlsystemen
Evaluation of material compatibility and fluid aging in fuel cell cooling systems.
Förderinstitution: | AiF |
Projektnummer: | 22097 N |
Projektstart: | 09/2022 |
Kurzdarstellung
Forschungsgegenstand ist die sogenannte Polymeraustauschmembran-Brennstoffzelle (PEM). Aufgrund ihres Einsatzes in der mobilen Anwendung wird diese bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen (low temperature – LT) von ca. 70 °C bis 90 °C betrieben. Die Anforderungen an die Bipolarplatte sind multifunktional: Neben der Reaktionskatalyse führt diese zudem die Prozess- und Reaktionsprodukte und leitet kühlseitig die Reaktionsenthalpie an ein Kühlmedium ab. Zudem ergeben sich durch komponentenspezifisch (Elektroantrieb, Batterievorwärmung, Kabinenklima etc.) unterschiedliche Temperaturniveaus besondere Herausforderungen an die Komplexität integrierender Thermomanagementsysteme. Vor dem Hintergrund dieses Anforderungs-kollektivs erfolgt im Vorhaben eine Bewertung der funktionell-thermodynamischen Integrität des Gesamtsystems mit Blick auf Verträglichkeit von Material und Kühlmedium. Bislang sind Fragen der Kühlmittelverträglichkeit und Materialbeständigkeit in den Komplexkanalstrukturen der Bipolarplattenkühlung ungeklärt. Zudem besteht keine praxisgerechte Prüfmethode, welche eine valide Auslegung kühlmittelverträglicher Komponenten zulässt. Bereits im Vorhaben FVV 1296 gelang als erster Schritt die Entwicklung eines Emulatormoduls, welches das Beanspruchungskollektiv einer Bipolarplattenkühlung vollumfänglich abbildet. Im Vorhaben „Kühlung Brennstoffzelle II“ werden nachfolgend dargestellte Arbeitspakete realisiert (siehe Bild).
- Prüfanlagenbau: Basierend auf dem vorhandenen Emulatormodul wird eine entsprechende Umlaufanlage errichtet, welche die geforderten Beanspruchungsparameter bereitstellt, überwacht und regelt.
- Modellierung des Beanspruchungskollektivs: Bislang unbekannt ist das thermisch-strömungsdynamische Beanspruchungsszenario innerhalb der komplexen Kanalstrukturen (Doppeltrapezquerschnitt, kleine hydrodynamische Radien, kleine Umlenkradien). Innovativ ist dabei der überlagerte Einfluss eines elektrischen Feldes sowie Einflüsse der Anisotropie turbulenter Zonen an Eckflanken der Kanalwand. Im Rahmen einer numerischen Modellierung soll dieses Beanspruchungskollektiv nachgebildet und experimentell validiert werden. Ziel der Modellbildung ist es, lokale Beanspruchungsszenarien zu identifizieren und daraus ein mögliches Schädigungspotenzial abzuleiten (Prognosefähigkeit). Umgekehrt ermöglicht dies die Schaffung eines thermo-strömungsdynamischen Verständnisses über die im Experiment bezeihungsweise Feld beobachteten Degradation (Erklärungsfähigkeit). Die Verwendung eines Open-Source-Codes ermöglicht den direkten Ergebnistransfer in ein breites industrielles/wissenschaftliches Umfeld.
- Materialverträglichkeit und Kühlmittelalterung: Die Effektkomplexität umfasst dabei.
- Korrosive Beanspruchung im Sinne einer elektrochemischen Metallauflösung im ethylenglykolhaltigen Kühlmitteln.
- Strömungsdynamische Beanspruchung im Sinne von Erosion und Strömungssieden.
- Thermische Beanspruchung und lokal überhitzte Bereiche. Infolge dessen ist die Entstehung von Dampfblasen möglich, was in einer Oberflächendegradation durch Strömungssieden bzw. Kavitation resultieren kann. Als weiteres Kriterium von Siedephänomenen ist der lokal veränderte Wärmeübertrag zu nennen, was letztlich auch die Funktionalität der Brennstoffzelle als Ganzes beeinflusst und damit auslegungsrelevant ist.
- Alterungsverhalten des Kühlmittels. Begünstigt durch den Eintrag von thermischer Energie kommt es bei Kühlmitteln auf Ethylenglykolbasis zur Oxidation/Zersetzung und Bildung von Glykolaten und organischen Säuren (Formiat, Acetat und Oxalat) mit entsprechenden Auswirkungen auf die Azidität. Dieser Vorgang kann die physikochemischen Eigenschaften des Kühlmittels derart herabsetzen, dass die funktionelle Integrität (Frostschutz, Siedepunkterhöhung) nicht mehr vollumfänglich gewährleistet ist. Neben der chemischen Alterung des Kühlmittels ist auch die Veränderung der elektrischen Leitfähigkeit mit Blick auf die Brennstoffzellenfunktionalität und den Ionentauscher von Bedeutung. Als weiterer Aspekt sei an dieser Stelle auch auf neuartige Nano-Kühlmittelentwicklungen verwiesen. Das Alterungsverhalten solcher Kühlmittel ist bislang nahezu unerforscht.
Beteiligte Forschungseinrichtungen
Forschungseinrichtung I:
Technische Universität Darmstadt
Zentrum für Konstruktionswerkstoffe
Staatliche Materialprüfungsanstalt Darmstadt
Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner
Forschungseinrichtung II:
Technische Universität Darmstadt
Institut für Strömungslehre und Aerodynamik
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Jeanette Hussong
Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben 20224 N der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV) wird über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF) im Rahmen des Programmes zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Den vorgenannten Einrichtungen sei für die Betreuung und Förderung an dieser Stelle sehr herzlich gedankt.