Forschung
Forschungsprojekte Oberflächentechnik

H2HT-Testing Lab

Förderinstitution: EU-Fördermittel zur Pandemiebekämpfung und Nachhaltigkeit in Hessen
SAP-Nummer: 20008771
Projektlaufzeit: 10/2021 – 03/2023

Angesichts der aktuellen Trends im Bereich der Energieversorgung stellt die präferierte Verwendung von Wasserstoffgas oder Wasserstoffgasgemischen eine besondere Herausforderung hinsichtlich der Werkstoffcharakterisierung und -auswahl dar. Um diese Problematik zu adressieren, wird im Rahmen des „H2HT-Testing Lab“ Projektes ein Labor mit experimentellen Anlagen zur Messung der Belastbarkeit und der langfristigen Sicherheit von metallischen Werkstoffen bei Temperaturen von Raumtemperatur bis zu 1.400°C unter Wasserstoffumgebungsbedingungen eingerichtet, Bild 1.

Bild 1: Skizze der geplanten Versuchsaufbauten und Komponenten; blau: benötigte Anschaffungen im Projekt, grau: vorhandene Ausstattung
Bild 1: Skizze der geplanten Versuchsaufbauten und Komponenten; blau: benötigte Anschaffungen im Projekt, grau: vorhandene Ausstattung

Mit den angeschafften Prüfständen werden unter anderem bruchmechanische Untersuchungen an den im Wasserstoff-Glühofen (Wasserstoffüberdruck bis zu 100 mbar, Temperatur bis zu 1.400°C) und im Druckwasserstoff-Autoklav (Wasserstoffdruck bis zu 300 bar, Temperatur bis zu 350°C) ausgelagerten CT-Proben realisiert.

Aufgrund der technischen Komplexität und den strengsten Sicherheitsanforderungen sind experimentelle Untersuchungen des Ermüdungsverhaltens von metallischen Werkstoffen unter Wasserstoffdruckatmosphäre in der Regel mit einem hohen Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Die Anwendung von gasgefühlten Hohlproben – als Alternative zu den für die Lebensdaueruntersuchungen üblichen Probengeometrien – ist in dieser Hinsicht vielversprechend. Ein Prototyp für den Prüfstand zur experimentellen Untersuchung unter Wasserstoffdruck- (bis 200 bar) und Temperatureinwirkung (bis 550°C) wurde aufgebaut und befindet sich aktuell in der Erprobungsphase, Bild 2.

Bild 2: Hohlprobenprüfstand für zyklische und statische Versuche unter Druckwasserstoffbeanspruchung unter erhöhten und hohen Temperaturen
Bild 2: Hohlprobenprüfstand für zyklische und statische Versuche unter Druckwasserstoffbeanspruchung unter erhöhten und hohen Temperaturen

Die Ausprägung der wasserstoffbedingten Herabsetzung von mechanischen Werkstoffeigenschaften korreliert mit der lokalen Wasserstoffkonzentration und weißt dementsprechend einen Sättigungsbereich auf. Bei der Prüfung von den für die Bauteilauslegung relevanten Größen (KICH, Wöhlerlinie, etc.) ist die Methodenkonservativität von großer Bedeutung. Dementsprechend ist es für die Versuchsdurchführung vorteilhaft, wenn während der Prüfung ein „Worstcase-Scenario“ abgebildet werden kann. Ist der werkstoffabhängige Wasserstoffdiffusionskoeffizient bekannt, dann ist es möglich, die Prüfungsdauer so zu wählen, dass ein möglichst homogenes Wasserstoffkonzentrationsprofil in der Probe erreicht ist. Dementsprechend ist die Kenntnis über das Wasserstoffdiffusionsverhalten von den zur Untersuchung vorliegenden metallischen Werkstoffen sowohl bei der Versuchsplanung als auch bei der Versuchsauswertung von großer Bedeutung. Im Rahmen des H2HT-Testing Lab Projektes wurde daher ein Wasserstoffpermeationsprüfstand eingerichtet, an dem Wasserstoffpermeationsverhalten an Hohlproben unter Druckwasserstoffbeaufschlagung untersucht wird. Eine schematische Darstellung des Prüfstands ist auf Bild 1 dargestellt.

Bild 3: Permeationsprüfstand mit Druckwasserstoffbeaufschlagung: a) Reales Foto vom Versuchsprüfstand inklusive Splitterschutz; b) Prinzipskizze des Versuchsaufbaus; GE – Gegenelektrode; BE – Bezugselektrode; AE – Arbeitselektrode, in der Regel die zu untersuchende Werkstoffprobe
Bild 3: Permeationsprüfstand mit Druckwasserstoffbeaufschlagung: a) Reales Foto vom Versuchsprüfstand inklusive Splitterschutz; b) Prinzipskizze des Versuchsaufbaus; GE – Gegenelektrode; BE – Bezugselektrode; AE – Arbeitselektrode, in der Regel die zu untersuchende Werkstoffprobe

Werkstoffuntersuchungen unter elektrochemischen Wasserstoffbeladung werden oft als eine kostengünstige (Screening-)Alternative im Vergleich zu aufwendigen Expositionsversuchen unter Druckwasserstoffbeaufschlagung betrachtet. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Wasserstoffbeladung zu möglichen Abweichungen bei der Wasserstoffabsorption führen können, [KOR23], [MIN07]. Im Vergleich zur Druckbeaufschlagung werden unter elektrochemischer Wasserstoffbeladung deutlich höhere Wasserstoffpartialdrucke in der Nähe der Werkstoffoberfläche realisiert. Darüber hinaus weisen die auf der Metalloberfläche vorhandenen Oxidschichten eine Diffusionsbarriere für die Wasserstoffaufnahme auf. Während einer elektrochemischen Wasserstoffbeladung werden diese Oxidschichten reduziert, was bei der Druckwasserstoffgasbeladung nicht der Fall ist. Deshalb wird erwartet, dass die Messmethoden eine Diskrepanz hinsichtlich der Versuchsergebnisse aufweisen. Diese Unterschiede können durch vergleichende Wasserstoffpermeationsmessungen unter elektrochemischer und Druck-Wasserstoffbeaufschlagung quantifiziert werden. Bei der Auslegung des Druckwasserstoffpermeationsprüfstands wurde die im Haus vorhandene und für die Hohlproben geeignete elektrochemische Wasserstoffpermeationsmesszelle berücksichtigt. Somit ermöglicht das neue H2HT-Testing Lab einen direkten quantitativen Vergleich der beiden Vorgehensweisen bei der Wasserstoffbeladung.

Literatur

[KOR23] Koren, Erik; Hagen, Catalina M. H.; Wang, Dong; Lu, Xu; Johnsen, Roy; Yamabe, Junichiro (2023): Experimental comparison of gaseous and electrochemical hydrogen charging in X65 pipeline steel using the permeation technique. In: Corrosion Science 215 (5).

[MIN07] Ming, Au (2007): High temperature electrochemical charging of hydrogen and its application in hydrogen embrittlement research. In: Materials Science and Engineering A 454-455 (2007) S. 564-569


Beteiligte Forschungseinrichtung

Technische Universität Darmstadt
Zentrum für Konstruktionswerkstoffe
Staatliche Materialprüfungsanstalt Darmstadt
Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde
Leitung: Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner

Förderhinweis

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19 Pandemie finanziert.